Deutschlands Ehre

ist ein Gedicht von Johann Gottfried Herder,
in: J. G. von Herder's ausgewahlte Werke, 1844, Seite 115

Welchen Helden und Mann des Vaterlandes
Willst Du singen, o Saitenspiel, das Orpheus
Einst in Hainen empfing? Ihm lauschten horchend
Felsen und Haine;

Ströme standen im Lauf; die Stürme senkten
Ihre Schwingen; die Eichen und der Eichen
Harte Kinder erstaunten seinem süßen,
Hohen Gesange.

Sing' ich Jenen zuerst, der Rom's gewalt'ge,
Strenge Bande zerriß? O traure, Deutschland!
Siegen konnte Dein Hermann, aber Deine
Siege nicht sichern.

Neid durchbohrte den Retter seines Volkes;
Den kein Römer bezwang, bezwangen Deutschlands
Fürsten. Trauriges Spiel! Sie drängten Heere
Ueber die Welt aus,

Bis von deutschem Gebein die Welt bedeckt lag,
Longobarden, Alanen, Gothen, Sueven;
Großer Dieterich, Du auch liegst begraben
Jenseit der Alpen!

Soll ich singen den Mann, der Deutschland würgte,
Oder taufete; den der Römerbischof,
Der den Bischof in Rom zum Herrn der Welt log?
Leyer, o nenne

Nicht den Franken und seines Stammes Keinen!
Laß die Inful ihn preisen, der sie schmückte.
Heinrich singe mein Lied! vom Vogelherde
Zog er zum Sieg aus,

Deutschlands Mauer und Deutschlands Städtestifter;
Er verachtete Roma's Zauberkrone,
Der sein ganzes Geschlecht erlag. Erliegen
Seh' ich der Kaiser

Mächt'ge Reihen. Der Arno, Po und Tiber
Strömt germanisches Blut; der Jordan wälzet
Deutsche Leichen – und Deutschlands Fürsten rauben
Unter einander.

Keinen nenne, mein Lied! Die Edlen nenne,
Die vom Baume der Weisheit uns einst Zweiglein
Brachten – Friederich, Dich, den Erst- und Zweiten!
Glänzende Sterne,

Warum sanket Ihr? Ach, warum erblaßte
Conradin? Das vergossne Blut der Edlen
Ruft gen Himmel und netzt den Römerpurpur,
Nimmer vertrocknend.

Gute Fürsten (o, wäre Fürstengüte
G'nug, zu retten die Welt!), Ihr Maximili-
ane, hinter den Geiern, zwo geliebte
Friedliche Tauben –

Leyer, singe sie nicht! Den Adler preise,
Der mit mächtigen Klau'n die Hyder faßte,
Luther singe der Welt, und vor und mit ihm
Viele verfolgte

Weisen! Süßer Melanchthon, Du vor Allen,
Du, der glühenden Sonne sanfter Folger,
In still wachsendem Glanz; so strahlet Luna
Unter den Sternen.

Eure Namen, die Ihr die Welt umfaßtet,
Eure Namen, Copernikus und Keppler,
Stehn am Himmel; und mit den zwei'n ein dritter
Güldener Name,

Leibnitz. Manche der Edeln möcht' ich nennen,
Lambert, Haller und Kleist und Nathan-Lessing,
Auch den Lebenden, der am Belt den Rand maß
Aller Gedanken.

Aber schweige, mein Lied, bis einst die Sonne
Neu aufglänzet; sie ging mit König Friedrich
Unter; singe Du dann den Mann und Helden
Neuer Geschlechter!

Der, wenn Jupiter hoch am Himmel donnert
Und mit Blitzen die Lüfte reinigt, unten,
Nur ein Hirte, regiert, der Menschenbrüder
Vater und Wächter.

Ich hab's gewagt

ist ein Gedicht des deutschen Dichters, Humanisten und Sprachwahrers Ulrich Ritter von Hutten, der die Weisheit auch als persönlichen Wahlspruch (auch in lateinischer Form „Jacta est alea“) verwandte.

Einst schrieb ich alles in Latein;
Nicht jedem konnt’s verständlich sein.
Nun ruf’ ich dich, mein Vaterland,
In deutscher Sprache wohlbekannt.

 Laßt mich doch nicht alleine sprechen!
Jetzt ist es Zeit um loszubrechen,
Gemeinsam für die Freiheit streben!
Was war das bisher für ein Leben,
Kein Mensch durf’t mehr die Wahrheit sagen!

 Steh auf, mein Volk! Nicht lange zagen,
Die Lügenherrschaft zu vertreiben!
Nur Wahrheit soll fortan noch bleiben.
Gott schenk’ dem Heil, der zu mir steht,
Damit sein Eifer nicht vergeht!

Manch Edler – hoff’ ich – hat den Mut,
Manch Graf, manch Bauersmann, so gut
Manch Bürger, der in seiner Stadt
Der Lebenslage übersatt –
Auf daß ich nicht alleine streite.

 Wohlan, Gott ist auf uns’rer Seite!
Kein Deutscher bleibe still daheim!
„Ich hab’s gewagt!“ – das sei sein Reim.

Fichte an jeden Deutschen

ist ein Gedicht von Albert Matthäi (1855–1924) aus dem Jahre 1922, welches  durch Johann Gottlieb Fichtes (1762–1814) „Reden an die Nation“ inspiriert wurde.

Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben,
an Deines Volkes Aufersteh'n.

Laß diesen Glauben Dir nicht rauben,
trotz allem, allem was gescheh'n.

Und handeln sollst Du so,
als hinge von Dir und Deinem Tun allein

das Schicksal ab der deutschen Dinge
und die Verantwortung wär' Dein.

Heimat

ist ein Gedicht des deutschen Dichters Alexander Hoyer (ᛉ 1914), u. a. Inhaber des rennomierten Dichtersteinschildes des vaterländischen  Kulturvereins „Dichterstein Offenhausen“.

Heimat, Du trugst meine Füßchen,
Als ich tat den ersten Schritt,
Lachte unter Mutters Küßchen,
Und Du selber lachtest mit.

Heimat, Heimat! Sieh´ mich heute!
Kannst nicht lindern mehr den Schmerz,
Bist ja selbst des Raubes Beute,
Heimat, Heimat, Du mein Herz!

Ich bin der Wald


Ich bin der Wald.
Ich bin uralt.

Ich hege den Hirsch,
Ich hege das Reh,

Ich schütz Euch vor Sturm,
Ich schütz Euch vor Schnee.

Ich wehre dem Frost,
Ich wahre die Quelle,

Ich hüte die Scholle,
 ich bin immer zur Stelle.

Ich bau Euch das Haus,
Ich heiz Euch den Herd,

Darum, ihr Menschen,
Haltet mich wert!